Kamenz, St. Just

Kamenz, St. Just

Künstler:
unbekannt
Erstellt im Jahr:
um ca. 1400 bis 1420
Auftraggeber:
Evangelisch- Lutherische Kirchengemeinde Kamenz
Ausführung:
Juli, August 2013, Mai 2014

Im Chor der Kamenzer Begräbniskirche St. Just sind mittelalterliche Wand- und Gewölbemalereien von überregionaler Bedeutung erhalten geblieben. Nahezu der gesamte Chor der Kirche weist eine gotische Ausmalung auf. Die Malereien wurden im Mai 1935 entdeckt und im Jahr 1937 restauriert. In Vorbereitung auf unmittelbar bevorstehende Notkonservierungsarbeiten sowie auf die geplante Durchführung weiterer Restaurierungsabschnitte an diesen Malereien wurde die Verfasserin von der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde Kamenz beauftragt, ein Gutachten zur Bewertung der Schadensproblematik an der Nordwand des Chores zu erstellen sowie das bestehende, im Jahr 2008 angefertigte Leistungsverzeichnis zur Konservierung und Restaurierung der Wand- und Gewölbemalereien inhaltlich zu überprüfen.

Die St. Just-Kirche ist am Fuße des Hutberges gelegen, der die nordwestliche Begrenzung des Kamenzer Stadtgebietes bildet und sich an der äußeren Grenze der Königsbrücker Vorstadt befindet. Die Kirche wurde auf einem Grauwackebuckel gegründet. Ihre Nordseite sowie der nördliche Bereich der Ostseite grenzen nahezu unmittelbar an eine stark frequentierte Ausfallstraße in Richtung Königsbrück. In westlicher sowie in südlicher Richtung grenzt das Friedhofsgelände an die Kirche, das den südöstlichen Hang des Hutberges hinaufreicht. Bei der Kirche handelt es sich um einen flachgedeckten Saal, der auf einem rechteckigen Grundriss ausgeführt wurde. Nach Osten wird die Kirche durch einen kreuzrippenüberwölbten Choranbau mit Fünf-Achtel-Abschluss erweitert. Kirchenschiff und Chor werden durch einen gestaucht spitzbogigen Triumphbogen getrennt. Nahezu der gesamte Chor der Kirche weist, ebenso wie der Triumphbogen, eine gotische Aus-malung auf, die wahrscheinlich in die Zeit zwischen 1400 und 1420 datiert werden kann. Die Zwickelfelder des Gewölbes sind mit Engelsdarstellungen geschmückt; die Gewölberippen wurden mit einer Steinstrukturmalerei bemalt. Der Triumphbogen trägt die Darstellung des Christus sowie der klugen und törichten Jungfrauen. An der Nordwand sind in Registern Szenen aus dem Marienleben dargestellt; die Südwand des Chores ist mit Szenen der Passion Christi bemalt. Die Wandflächen der zugesetzten Fenster im Chor tragen Heiligendarstellungen und auch die Kämpferkonsolen und Sohlbänke weisen figürliche Malereien auf, die durch illusionistisch gemalte Rahmenarchitekturen in einen architektonischen Zusammenhang gebracht werden. Die Laibungen der Fenster sind mit floraler Ornamentik bemalt. Der untere Teil der Malereien sowie die ehemals umlaufende Sockelgestaltung sind vollständig verloren gegangen. Die Malereien wurden im Mai 1935 von dem Kamenzer Architekten Werner Reif entdeckt und von ihm und zwei Gehilfen freigelegt. Die Restaurierung der Ausmalung erfolgte schließlich im Jahr 1937 durch den Kunstmaler Willy Rittsche aus Dresden.

Während einer Diplomarbeit an der HfBK Dresden in den Jahren 1998/99 wurde ein restauratorisches Gesamtkonzept zur Beseitigung und Minderung der Schadensursachen sowie ein konservatorisch-restauratorisches Konzept für die Malereien im Chor und am Triumphbogen entwickelt. Neben den, während der Diplomarbeit durchgeführten Untersuchungsarbeiten und Arbeitsproben wurde im Zusammenhang mit der Erarbeitung der Konservierungs- und Restaurierungskonzeption für die Malereien eine Probeachse mit einer Fläche von ca. 13 m² an der Nordwand des Chores angelegt. Auftretende Putzschäden und starke Salzausblühungen an der Nordwand in den darauffolgenden Jahren führten dazu, dass, in Vorbereitung auf geplante Notkonservierungs- und Dokumentationsarbeiten im unteren Bereich der Nord- und der Ostwand des Chores, von der Evangelisch - Lutherischen Kirchengemeinde Kamenz die Erstellung eines Gutachtens beauftragt wurde, das die Schadensproblematik nochmals bewerten sollte.
Der Arbeitsumfang im Jahr 2013 umfasste folgende Arbeiten:

-Einarbeitung in bestehendes Fotomaterial, Dokumentationen und Archivunterlagen

-Untersuchung der in der Diplomarbeit angelegten Probefläche, Vergleich mit den unbearbeiteten Flächen an der Nord- bzw. an der Südwand

-Schadens- und Schadursachenanalyse (unter Einbeziehung sämtlicher baulich relevanter Gegebenheiten im Umfeld der Malereien bzw. der Kirche)

-inhaltliche Überprüfung und Überarbeitung des bestehenden Leistungsverzeichnisses aus dem Jahr 2008,

-Erstellung eines Gutachtens (schriftlich, fotografisch)

Im Mai 2014 erfolgten in Zusammenarbeit mit der Dipl.- Rest. G. Weidensdorfer Arbeitsproben zur Gipsumwandlung bzw. -passivierung.

Projektbeteiligte:

Diplom-Restaratorin Sylvia Lenzner (Auftragnehmerin für das Gutachten im Jahr 2013, Freie Mitarbeiterin der Diplom - Restauratorin Gisa Weidensdorfer im Mai 2014 für die Anleitung der Arbeitsproben zur Gipsreduzierung bzw. -passivierung)

Diplom-Restauratorin Gisa Weidendorfer (Auftragnehmerin zur Ausführung der Notkonservierungsarbeiten an der Nord- und an der Ostwand sowie Ausführung der Proben zur Gipsreduktion)

Diplom-Restauratorin Christine Kelm (LfD Sachsen)

Diplom-Architektin Ulrike Hartmann (Bauleitung)

Pfarrer Jörg Naumann (Vertreter des Bauherren)

Herr Norbert Hesse, Baupfleger (Regionalkirchenamt)

Frau Berit Moschke und Frau Gerlinde Reimann, Landratsamt Bautzen, Untere Denkmalschutzbehörde

Herr Diplom-Ingenieur Thomas Löther und Herr Dr. Christoph Franzen, Institut für Diagnostik und Konservierung an Denkmalen in Sachsen und Sachsen-Anhalt e. V.



Oberes Bild: Chornordwand, oberes Register, Verkündiung.

Abb.: 1

Abb.1: St. Just-Kirche, Kamenz, Fassade gen Südosten.

Abb.: 2

Abb.2: Innenansicht der Kirche gen Osten, mit Wandmalereien geschmückter kreuzrippenüberwölbter Choranbau mit Fünf-Achtel-Abschluss und Triumphbogen.

Abb.: 3

Abb.3: Ansicht der Nordwand, (Foto: Archiv der Ev.-Luth. Pfarrkirche Kamenz, Fotograf und Aufnahmedatum unbekannt; Foto wahrscheinlich um 1998/99).

Abb.: 4

Abb.4: Nordwand, Arbeitsbereiche bzw. Probeachse im Jahr 2007, Verstärkung des Weißschleiers (Salzausblühungen) im unteren Bereich der Probeachse, Foto: Pfarrer Jörg Naumann.

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sylvia lenzner - diplom restauratorin

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